CHINA AI2X BRIEFING

How AI is reshaping China’s Industries


Im Zeitalter der künstlichen Intelligenz werden Autos zu Robotern auf Rädern, sagt Geely

Der chinesische Autobauer rückt die neue KI-Tochter AFARI, an der sich Mercedes-Benz beteiligt hat, ins Zentrum seiner Strategie „KI + Fahrzeug + Roboter“

Published on Dec 31, 2025

Die Industrie für intelligentes Fahren in China befindet sich im Umbruch. Li Shufu, der Gründer von Geely, hatte den Wandel, der sich da anbahnt, erstmals in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 bemerkt.

Für die alle Arten von verkörperter KI hatte damals eine Phase schnellen Wachstums begonnen. Die Branche, noch jung, erreichte ihren ersten Wendepunkt.

Die Künstliche Intelligenz begann, so gut wie alles zu verändern. Li beschloss, seinen Konzern umzubauen.

Qianli Technology in Chongqing ist im März 2025 gegründet worden und dient Geely jetzt als zentrales Vehikel für die Integration der wichtigsten Business Units für das intelligente Fahren.

Die KI soll von einem „Add-on“, einem Zusatz, zu einem zentralen Fundament der aktuellen und künftigen Forschung und Entwicklung des Konzerns werden.

Am Ende der gerade abgeschlossenen Umstrukturierung waren mehr als 1.200 Experten für intelligentes Fahren aus einem Team bei Zeekr zu AFARI gewechselt. Rund 500 Mitarbeiter kamen aus einem weiteren Unternehmen für autonomes Fahren namens Maichi Zhixing und eine beträchtliche Zahl weiterer Forscher waren aus dem Geely Research Institute zu der neuen Unternehmenstochter versetzt worden.

Künftig soll es nicht mehr passieren, dass voneinander isolierte Teams jeweils für sich „das Rad neu erfinden“, heißt es bei Geely. Expertise soll an einem Ort konzentriert werden. Synergien sollen entstehen.

Entscheidend für den großen Plan ist, dass Yin Qi als CEO für AFARI gewonnen werden konnte. Er ist ein ehemaliger Mitgründer des chinesischen KI-Start-ups Megvii. Megvii wurde einst weltweit bekannt, als Medien berichteten, seine Algorithmen zur Gesichtserkennung hätten die von Facebooks überrundet.

Li Shufu spricht mit größtem Respekt über Yin Qi. „Wir hätten uns früher kennenlernen sollen“, sagte er bei einem Produkt-Launch öffentlich über seinen neuen KI-Vordenker.

Im Zentrum der technologischen Route, die bei Geely nun umgesetzt wird, steht das Konzept der Modelldichte. KI-Modelle sollen innerhalb der Architekturen für intelligente Fahrlösungen eine deutlich größere Rolle übernehmen als bisher.

Damit sinkt die Bedeutung regelbasierter Ansätze und hochauflösender Karten. Die KI soll die Entscheidungen beim autonomen Fahren „menschlicher“ machen.

Geelys Forscher haben ein eigenes VLA-Modell entwickelt, kurz für „Vision, Language, Action“, das Wahrnehmung über Kameras, Radar und Lidar mit semantischem und konzeptionellem Verständnis verbindet.

Das Modell kann Verkehrs-Szenarien und Äusserungen des Fahrers interpretieren, kann End-to-End-Entscheidungen über Lenken, Bremsen oder Beschleunigen treffen.

Ein Beispiel: Wer hinter einem sehr langsam fahrenden Fahrzeug fährt, kann künftig einfach sagen: „Überhole das Auto vor mir.“

Die KI im Cockpit interpretiert diese Aussage mit Hilfe von LLM, das VLA-Großmodell prüft draußen die Situation, und das intelligente Fahrsystem des Fahrzeugs führt automatisch ein kontrolliertes Überholmanöver aus.

„Bei Qianli Technology ist künstliche Intelligenz als primäre Systemebene des autonomen Fahrens positioniert und nicht als unterstützende Zusatzfunktion“, schreibt IT Home (auf Chinesisch) in seinem Bericht über die Bündelung der Geely-Geschäftseinheiten zu AFARI.

„Wahrnehmung, Planung und Regelung werden zunehmend in End-to-End- oder teilweise End-to-End-KI-Modelle zusammengeführt.“

Wie sich gezeigt hat, sind die Fähigkeiten von VLA-Modellen nicht nur für das autonome Fahren geeignet. Damit können auch Industrieroboter und Humanoide gesteuert werden.

Technologisch haben verkörperte Künstliche Intelligenz und autonomes Fahren gemeinsame Grundlagen. Beide nutzen Umgebungswahrnehmung, Kognition mit Schlussfolgerungen und Entscheidungsfindung sowie eine zentrale Recheneinheit, die Bewegungsplanung und -steuerung ermöglicht.

Als Unternehmer hat sich Li Shufu stets als Architekt von Ökosystemen verstanden und sich zugleich nie gescheut, groß zu denken. 2010 wurde er zum ersten chinesischen Unternehmer, der einen großen westlichen Automobilhersteller übernahm, als er 1,8 Milliarden US-Dollar für Volvo bezahlte. 2013 erwarb er 9,69 Prozent der Anteile an Daimler, der Muttergesellschaft von Mercedes-Benz.

Heute sieht Li Shufu neue Chancen, die sich aus der Konvergenz der Automobil- und Robotik-Industrien entstehen.

Das Auto der Zukunft, so glauben Li und sein Team, ist eine Art von „embodied AI“, also verkörperter KI. Künstliche Intelligenz wird das Cockpit dominieren, immer bessere Interaktionen mit den Fahrern ermöglichen und viele Entscheidungen beim autonomen Fahren übernehmen.

KI, so denkt man bei Geely, wird sämtliche Kerntechnologien des Automobils verändern, von intelligenten Chassis über das Batteriesystem bis hin zum autonomen und vernetzten Fahren. Gleichzeitig ermöglicht die Technologie das Erschliessen neuer Geschäftsfelder.

Geely hat das Potenzial, sich von einem Automobilhersteller zum größten Robotik-Unternehmen Chinas und sogar der Welt zu entwickeln

Li Chuanhai, Vizepräsident der Geely Auto Group

„Geely hat das Potenzial, sich von einem Automobilhersteller zum größten Robotik-Unternehmen Chinas und sogar der Welt zu entwickeln“, sagte Li Chuanhai, Vizepräsident der Geely Automobile Group und Präsident des Geely Automobile Research Institute, kürzlich auf der Robotik-Konferenz WAIC 2025 in Shanghai.

Um seine Vision eines Automobil- und Robotikimperiums umzusetzen, arbeitet Li Shufu nicht nur mit Technologieführern der Automobilbranche wie Mercedes-Benz zusammen, sondern auch mit aufstrebenden Robotikherstellern wie UBTECH.

Geely hat mit UBTECH bei der Entwicklung einer massgeschneiderten Version des humanoiden Roboters Walker S1 kooperiert, der schon in einem Fahrzeugwerk von Zeekr in der Produktion eingesetzt wird.

Hier entsteht ein Feedback-Loop, der das Potenzial hat, in den kommenden Jahren beide Industrien entscheidend zu verändern. KI-Modelle, die für autonomes Fahren entwickelt wurden, werden auch Cobots und humanoide Roboter antreiben, die dann wiederum in den Autofabriken die Produktivität steigern und die Arbeitskosten senken.

Für Geely, das sich für 2025 ein jährliches Verkaufsziel von drei Millionen Fahrzeugen gesetzt hat, könnten solche Produktivitätsgewinne einen Teil seiner Investitionen in KI und Robotik schnell wieder amortisieren.

Geelys Autofabriken dienen in diesem Loop als Anwendungs-Szenarien für die Industrieroboter. Sie ermöglichen eine Skalierung kommerzieller Robotik-Lösungen und liefern die Gigabytes an Daten, die für deren weitere Optimierung gebraucht werden.

Es ist natürlich eine Vereinfachung zu sagen, Autos würden in Zukunft zu „Robotern auf Rädern“. Das Verhältnis zwischen KI, Robotern und dem Automobil ist komplexer. Unbestreitbar ist aber, dass gerade ein Prozess der Konvergenz, der immer weiteren technischen Verzahnung begonnen hat.

„Der Trend in der Automobilindustrie besteht darin, dass intelligente Fahrtechnologie zu einer KI-Basistechnologie wird“, sagte Chen Qi, Chefwissenschaftler für intelligentes Fahren bei Geely, auf der diesjährigen World Artificial Intelligence Conference (WAIC 2025) in Shanghai.

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