CHINA AI2X BRIEFING

How AI is reshaping China’s Industries


KI wird in China zum „Schweizer Messer“ der Autoindustrie

Wie "Full-Stack-Kooperationen“ von Zulieferern und OEM mit Alibaba Cloud die Produktentwicklung und die eigene Fertigung gleichzeitig erleichtern.

Published on Dec 17, 2025

Yanfeng Automotive hat Anfang Dezember einen Kooperationsvertrag über eine „Full-Stack-KI-Zusammenarbeit“ mit Alibaba Cloud unterschrieben.

Die umfassende Zusammenarbeit erstreckt sich über mehrere Bereiche der Wertschöpfungskette beider Unternehmen, von der KI in der intelligenten Fertigung des großen Automobilzulieferers, über deren Integration in Smart-Cockpit-Produkte, bis hin zur Migration der Unternehmens-IT auf die Cloud, berichtet das Portal Zhongguancun Zaixian (auf Chinesisch).

Der Tier-1-Zulieferer, der mit seinen digitalen Cockpits und anderem Interieur einen Jahresumsatz von mehr als 15 Milliarden US-Dollar macht, reiht sich damit in die wachsende Liste von Firmenkunden in der Automobilindustrie ein, die Alibaba bislang für seine vertikal integrierten KI-Lösungen gewinnen konnte.

Unter Chinas Autobauern ist der Internetkonzern mit seinem KI-Geschäft, das im Konzernsegment „Cloud Intelligence Group“ verankert ist, schon seit einigen Jahren sehr erfolgreich. Jetzt werden für weiteres Wachstum auch die Zulieferer immer interessanter.

„Alibaba Cloud bedient inzwischen 100 Prozent der Automobilkunden. Wir sind voll davon überzeugt, die Branche beim beschleunigten Eintritt in das neue KI-Zeitalter unterstützen zu können“, sagte Li Qiang, der Vizepräsident von Alibaba Public Cloud und GM der Automobilsparte bei der Vertragsunterzeichnung.

Auf der Produktebene wolle man künftig auf der Basis des großen Sprachmodells Qwen von Alibaba gemeinsam„KI-Lösungen der nächsten Generation für intelligente Cockpits entwickeln“, gaben beide Unternehmen bekannt.

In seiner Fertigung will Yanfeng darüber hinaus die Full-Stack-Cloud-Technologien von Alibaba Cloud einsetzen, um deren Effizienz und Qualität zu steigern. Ziel sei eine Optimierung des End-to-End-Produktionsmanagements. „KI plus Fertigung“ ermögliche deutlich schnellere Entwicklungszyklen, hieß es.

„Full-Stack-KI“ bedeutet im Kontext der chinesischen Autoindustrie, dass ein Anbieter Cloud- und Recheninfrastruktur, Daten-Pipelines, Familien großer Modelle (LLMs), Werkzeuge für Training und Betrieb sowie branchenreife Lösungen für die Autobauer und Zulieferer als ein durchgängiges, integriertes System anbieten kann.

Bildlich gesprochen werden solche umfassenden KI-Lösungen zu einer Art „Schweizer Messer“ mit Anwendungsmöglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Kunden.

Nicht nur in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung in der Produktion, sondern auch in Management und Betrieb sollen die verschiedenen Cloud-basierten Modelle von Alibaba bei Yanfeng zum Einsatz kommen, um eine „integrierte, skalierbare, digitale Organisationsstruktur“ aufzubauen.

Yanfeng, das weltweit an 240 Standorten aktiv ist, habe bereits seine gesamte IT-Systemarchitektur außerhalb Chinas auf die Alibaba Cloud verlagert, berichten chinesische Fachmedien.

Die ausführliche Liste der Kooperationen liest sich stellenweise wie eine Zusammenfassung der Automobilstrategie von Alibaba, das ähnlich wie Google eine extrem kapitalintensive Strategie verfolgt, um langfristig an der Transformation von OEMs und Zulieferern in der Autoindustrie zu partizipieren.

Auf seiner Entwicklerkonferenz in Hangzhou hat Alibaba im September noch einmal klar seine Ambition kommuniziert, zu einem „global führenden Full-Stack-Anbieter von KI“ zu werden. Dabei konzentriert sich das Unternehmen stark auf das B2B-Geschäft, nicht nur in der Automobilindustrie, sondern auch in Industrien wie der fortgeschrittenen Fertigung insgesamt, Healthcare, Robotik oder Finanzdienstleistungen.

Mehr als eine Viertelmillion Unternehmen haben schon mit der Nutzung von Qwen begonnen, seit das Modell im April 2023 auf den Markt gekommen ist, schreibt Alibaba Cloud auf seiner Webseite. Und trotz der Volatilität auf den internationalen Halbleitermärkten investiert das Unternehmen weiterhin stark in seine KI-Infrastruktur, versucht wie Google in den USA seine Position als „Full-Stack“-Marktführer im Heimatmarkt auszubauen und dann global mit Google zu konkurrieren.

Alibaba hat im Februar dieses Jahres angekündigt, in den kommenden drei Jahren noch einmal 380 Milliarden RMB in Künstliche Intelligenz und Cloud-Architektur zu investieren. Das sind umgerechnet rund 54 Milliarden USD und mehr, als der führende Cloud-Anbieter Chinas in den vergangenen zehn Jahren dafür ausgegeben hat.

Diese Strategie von Alibaba, so viel Kapital in den Ausbau von KI-Infrastruktur wird in den kommenden Jahren Auswirkungen auf die chinesische und globale Automobilindustrie haben. Sie ermöglicht Autoherstellern und ihren Zulieferern eine beschleunigte Adoption von KI, die wiederum die Kommerzialisierung von datenhungrigen Technologien wie des autonomen und vernetzten Fahrens stark erleichtert.

Die Skalierung der KI-Infrastruktur von Alibaba wird die Skalierung des autonomen Fahrens in China beschleunigen.

Anders formuliert: Die Skalierung der KI-Infrastruktur von Alibaba wird die Skalierung des autonomen Fahrens in China beschleunigen. Auch Zukunftsindustrien der Mobilität wie Robotaxis und unbemannte Flugdrohnen werden dadurch einen Anschub erfahren.

Für chinesische Autohersteller wie GAC, das am 14. November ebenfalls eine Ausweitung seiner Zusammenarbeit mit Alibaba Cloud in Sachen Full-Stack-KI vereinbart hat, wirkt die massive Investititionswette des Unternehmens in Sachen KI wie ein Raketentriebwerk zum Anschub eigener Pläne.

Im Rahmen der neuen Vereinbarung werde die GAC Group „die Hochleistungs-Computing-Lösungen und die elastische Architektur von Alibaba Cloud einsetzen, um eine breite Palette ihrer Kerngeschäfte zu unterstützen“ berichtet das chinesische Autoportal Gasgoo.

„Dazu gehören die Migration zentraler interner Systeme in die Cloud, die Skalierung der Entwicklung von Fahrerassistenz-Funktionen und intelligenten Cockpit-Lösungen, der Ausbau vernetzter Fahrzeugdienste sowie die Unterstützung der globalen Geschäftsaktivitäten der GAC Group", berichtet das Autoportal.

Und wie will Alibaba damit Geld verdienen? Durch eine Kombination aus eigener, leistungsstarker Infrastruktur und Cloud-Dienstleistungen versucht Alibaba, Unternehmenskunden aus der Automobilindustrie langfristig in sein Ökosystem einzubinden und die KI über wiederkehrende Plattformumsätze zu monetarisieren.

Zusätzlich zur Qwen-Modellfamilie bietet Alibaba daher mehrere Varianten und spezialisierte Ableger an, etwa multimodale Modelle und auch für Anwendungsszenarien in der Autoindustrie optimierte Versionen für intelligente Cockpits, Fahrzeugsoftware und Fertigungsprozesse.

Diese Strategie zeigt erste Erfolge. Die Umsätze von Alibaba Cloud steigen, auch im laufenden vierten Quartal sagen Goldman Sachs und andere Banken dem chinesischen KI-Unternehmen ein sehr gesundes Wachstum von bis rund 30 Prozent oder mehr voraus.

Für Autohersteller und automobile Zulieferer wird Alibaba als KI-Dienstleister aus mehreren Gründen immer interessanter. Zum einen berichten unabhängige Benchmark-Anbieter, dass sich die Leistungsfähigkeit der Ki-Modelle von Alibaba im vergangenen Jahr kontinuierlich verbessert hat.

Zum anderen hat Alibaba-CEO Eddie Wu Yongming wiederholt betont, an der Open-Source-Strategie der Modellfamilie Qwen festzuhalten. Je mehr Entwickler die KI-Modelle und Werkzeuge von Alibaba nutzen, desto schneller wächst das Ökosystem und desto größer wird auch die Basis an Anwendungen und Erfahrungswerten, von der Unternehmenskunden wie Yanfeng, GAC, Li Auto oder BMW profitieren.

Durch diese Kombination aus steigender Modellqualität und Open-Source-Strategie entwickelt sich Qwen allmählich zu einem der bevorzugten Basismodelle für Entwickler in der Automobilindustrie.

Während OpenAI weiterhin versucht, geschlossene Modelle direkt zu monetarisieren und selbst Meta-Gründer Mark Zuckerberg Medienberichten zufolge wieder mit einem stärker geschlossenen Ansatz liebäugeln soll, geht Alibaba den Weg der offenen Distribution und versucht, sich auf möglichst vielen Ebenen der automobilen Wertschöpfungskette strategisch zu positionieren.

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