China mobilisiert die Künstliche Intelligenz im Kampf gegen den Krebs
Schon in fünf Jahren sollen große KI-Modell in mehr als 12.000 Krankenhäusern für Diagnose und Behandlung genutzt werden
Published on Dec 17, 2025

Future AI Hospital Vision (AI Generated Image)
Mit KI und den digitalen Zwillingen von führenden Onkologen soll in China die Früherkennung und Behandlung von Tumoren verbessert werden. Eine entsprechende „Integrierte Initiative zur Krebsprävention und -behandlung (2025–2030)“ ist am 13. Dezember auf einem medizinischen Fachkongress in Peking angekündigt worden, berichtet die chinesische Wissenschaftszeitung Keji Ribao (auf Chinesisch).
Zu den Initiatoren gehören JD Health, die Gesundheitsplattform des chinesischen Onlinehändlers JD.com, sowie die China Anti-Cancer Association. Als Ziel wird genannt, Spitzentechnologien wie die Künstliche Intelligenz „tief in die klinische Praxis zu integrieren“.
Ein von JD Health entwickeltes medizinisches KI-Großodell namens „Jingyi Qianxun“ (京医千询) sei unter anderem mit Daten aus der Online-Diagnose und -Behandlung des JD-Internet-Krankenhauses, klinischen Richtlinien und qualitativ hochwertiger Fachliteratur trainiert worden, zitierte die Wissenschaftszeitung einen Unternehmenssprecher.
Wörtlich lässt sich „Jingyi Qianxun“, der chinesische Name des medizinischen LLM, sinngemäß mit „JD-Doktor der tausend Konsultationen“ übersetzen.
JD Health erläuterte, mit medizinischen Datenzentren auf nationaler und regionaler Ebene zu kooperieren, um das Basismodell kontinuierlich mit großen Mengen von anonymisierten Krankenakten und medizinischen Bildgebungsdaten aus der Diagnose weiter zu entwickeln, hieß es. Auf diese Weise habe man bis jetzt schon mehrere spezialisierte Modelle für unterschiedliche Krankheitsbilder entwickelt.
Im Bereich der Onkologie verfolge man einen zweigleisigen Ansatz aus einem „Abgleich mit realen Versorgungsdaten“ und einer „Einbindung von Expertenwissen“, teilte JD Health mit. So sei das Expertenwissen von mehr als 1.000 Spezialisten aus mehr als 400 verschiedenen Krankenhäusern genutzt worden, um die Modelle immer weiter zu verfeinern.
Nach und nach habe man „digitale Zwillinge“ von fast 100 führenden Krebsspezialisten geschaffen, indem man die spezialisierten KI-Modelle mit multidimensionalen Daten aus dem realen Klinikalltag trainiert habe, unter anderem mit Krankheitsgeschichten, Laborergebnissen sowie mit Daten aus der medizinischen Bildgebung und aus pathologischen Gewebeproben.
Für den Kampf gegen Prostatakrebs, Magen-Darm-Tumore und Atemwegserkrankungen unterzeichnete JD Health auf dem Fachkongress in Peking mit mehreren Krankenhäusern weitere Verträge über KI-gestützte Diagnostik und Behandlung, unter anderem mit der Krebsklinik der Peking-Universität, dem „Sun Yat-sen Memorial Hospital“, sowie der Klinik der Medizinischen Universität Guangzhou.
Man sei um hohe Professionalität und Genauigkeit bemüht, wolle aber gleichzeitig mit Hilfe der KI „eine weite Verbreitung von klinischer Expertise“ ermöglichen, zitiert die chinesische Wissenschaftszeitung die Initiatoren der auf fünf Jahre angelegten Initiative.
Überall in China verändert die Künstliche Intelligenz gerade die Art und Weise, wie Diagnostik und Behandlung unterstützt werden. Die chinesische Regierung fördert dies und hat einen ambitionierten Plan mit genauen Meilensteinen ausgearbeitet, bis wann welche KI-Ziele im Gesundheitswesen erreicht sein sollen.
Am 4. November dieses Jahres haben die Nationale Gesundheitskommission, die oberste chinesische Planungsbehörde NDRC und weitere Behörden gemeinsam ein Grundsatzdokument zum Thema „AI + Healthcare“ veröffentlicht. Bis 2027 soll eine Reihe hochwertiger und „vertrauenswürdiger“ medizinischer Datenbasen aufgebaut werden, damit dann anschließend auf den klinischen Einsatz spezialisierte große KI-Modelle und -Agenten entwickelt werden.
Schon bis dahin will Peking eine im ganzen Land verbreitete KI-gestützte Primärversorgung sehen. Auch in den Fachabteilungen vieler Krankenhäuser und im Patientenservice verschiedenster medizinischer Einrichtungen solle Künstliche Intelligenz bereits breit eingesetzt werden, steht in dem Plan.
Bis 2030 soll die KI-gestützte Diagnostik in der Primärversorgung im Wesentlichen in der gesamten Volksrepublik weitgehend etabliert sein. In Krankenhäusern der zweiten Versorgungsstufe und darüber hinaus solle die Künstliche Intelligenz „in der Regel für die medizinische Bildauswertung und zur klinischen Entscheidungsunterstützung“ genutzt werden. Davon gab es bis zum Ende des Jahres in China 12.294 Stück.
Zudem sollen bis 2030 die wichtigsten Standards und Regeln für den Komplex „KI + Gesundheitswesen“ fertig sein. Außerdem will man in den nächsten fünf Jahren auch mehrere weltweit führende Zentren für wissenschaftliche Innovation und Talententwicklung in dem Bereich aufgebaut werden.
Diese Vorgaben der Zentralregierung werden gleichzeitig auf lokaler Ebene mit finanziellen Anreizen flankiert. Die Stadt Peking hat am 24. November ein Maßnahmenpaket beschlossen, in dessen Rahmen Unternehmen, die wettbewerbsfähige medizinische Modelle entwickeln, Zuschüsse von bis zu 30 Millionen Yuan (rund vier Millionen USD) für ihre Rechenkosten beantragen können.
Neben Krankenhäusern und medizinischen Universitäten sind es auch eine Reihe von privaten Großunternehmen in der Volksrepublik, die sich sehr stark bei der Einführung der KI im Gesundheitswesen engagieren. Neben JD.com zählt dazu auch die Ant Group, ein großes chinesisches Fintech-Konzern. Sie hat die KI mit einem Fokus auf den Healthcare-Markt kürzlich zu einem „strategischen Pfeiler“ ihrer Geschäftsstrategie erklärt.
Eine der vielen Initiativen der Ant Group im Bereich KI ist im West China Hospital der Sichuan-Universität in Chengdu angesiedelt. Dort sei mit KI-gestützter Diagnose die berichtete Früherkennungsrate für Lungenkrebs von 14,6 auf 65,6 Prozent gestiegen, berichtete die China Daily.
„Ein Lungenknoten, dessen Erkennung auf einer CT-Aufnahme früher viel Zeit in Anspruch nahm, kann heute innerhalb von Sekunden identifiziert werden“, sagte der Präsident des Krankenhauses, Luo Fengming, der Zeitung. Er fügte hinzu, dass die endgültige Entscheidungsgewalt weiterhin bei den Ärzten liege.
Nach Schätzungen wächst der chinesische Markt für KI-gestützte Healthcare derzeit mit jährlichen Raten von 40 Prozent und wird einer Prognose der International Data Corporation zufolge im nächsten Jahr einen Gesamtwert von 13, 4 Milliarden US-Dollar erreichen.
Experten warnen gleichzeitig, dass es in den Bereichen Datenschutz und auch bei der Vergütung von Dienstleistungen mit KI in China momentan noch jede Menge Regulierungsbedarf gebe. Es wird diskutiert, ein nationales medizinisches Datenzentrum aufzubauen, in dem die Gesundheitsdaten der Bürger nur noch über Ausweisnummern, aber ohne Klarnamen identifiziert werden können.
Der Gesetzgeber hat also hier und da noch Aufholbedarf, dürfte sich aber den politischen Signalen aus Peking nach zu urteilen davon nicht von einer flächendeckenden Förderung der KI im Gesundheitswesen abhalten lassen. Der Enthusiasmus, mit dem Ärzte, Akademiker, Investoren und Unternehmer in China dieses Thema aufgreifen, ist nicht zu übersehen.
Deit diesem Jahr ist ein klares Momentum zu beobachten, dass in den kommenden fünf Jahren zu einer umfassenden Integration der KI in die gesamte Kette der Gesundheitsversorgung beitragen dürfte, von der Prävention und Diagnose über Behandlung und Rehabilitation bis hin zum Gesundheitsmanagement und Versicherungswesen.
