CHINA AI2X BRIEFING

How AI is reshaping China’s Industries


Wie China mit KI-gesteuerten Fabriken die industrielle Fertigung neu erfindet

Xiaomi, Midea und der Beginn einer neuen Ära der Integration von Robotik und KI-Agenten

Published on Dec 16, 2025

Miro humanoid robot carries a washing machine tub to an inspection station. Photo: Midea

Am 11. Dezember, vor wenigen Tagen, hat Xiaomi in Wuhan in Zentralchina seine neue Fabrik für Haushaltsgeräte in Betrieb genommen. Sie ist voll automatisiert. Alle 6,5 Sekunden entsteht hier eine neue Klimaanlage. Die Qualitätsinspektion werde „zu 100 Prozent“ von Künstlicher Intelligenz übernommen, gab der Präsident der Xiaomi-Gruppe Lu Weibing bekannt (Weibo-Konto, auf Chinesisch).

Dies ist schon die dritte hochmoderne Fabrik, die Xiaomi innerhalb von zwei Jahren gebaut hat, nach einer Fabrik für Handys in Changping nordwestlich von Peking (seit Ende 2023) und anschließend einer für E-Autos in Yizhuang im Südosten der chinesischen Hauptstadt (Produktion seit Q1, 2024). Alle drei verbindet, dass die künstliche Intelligenz produktionsrelevante Kernprozesse steuert.

Im China AI2X Briefing bezeichnen wir diese Art von Werken als industrielle „KI-Fabriken“. Ungeachtet der Tatsache, dass KI in einigen der Fabriken eine grössere, in anderen noch eine etwas kleinere Rolle spielt, soll mit dieser Wortwahl ein wichtiger Meilenstein in der Evolution der Massenproduktion von Gütern verdeutlicht werden.

Industrielle KI-Fabriken sind Produktionswerke, in denen Künstliche Intelligenz die Fertigung, Logistik, Qualitätssicherung und Prozessoptimierung zentral steuert und kontinuierlich verbessert.

Hier entstehen nicht nur Handys, Klimaanlagen und E-Autos in besonders modernen Werkhallen. Es passiert gleichzeitig etwas Grundlegendes.

In China beginnt gerade eine neue Ära der industriellen Fertigung. In weitgehend menschenleeren Werkhallen überwachen KI-Agenten eine kleine Armee von Robotern. Fahrerlose AGVs (Automated Guided Vehicles) eilen hin und her und liefern die Einzelteile. Die fleißigen Arme von Cobots greifen sie sich, schneiden, fräsen und schrauben.

So werden hier in der Volksrepublik immer mehr Produkte montiert, von Kugelschreibern bis zu Handys, von Regenschirmen über Waschmaschinen bis hin zu ganzen E-Autos. Es ist die Geburtsstunde der KI-basierten Serienfertigung.

Die „Werkbank der Welt“ verwandelt sich gerade vor unseren Augen in ein Forschungslabor rigoroser Automatisierung und Digitalisierung, in dem mit Hilfe von KI sämtliche Betriebsabläufe integriert und schrittweise verbessert werden und so die Zukunft der industriellen Arbeit erfunden wird.

In diesen blitzsauberen, auffällig leisen Fabriken wird kein Licht mehr gebraucht. Und doch wird der Begriff „Light-out Factories“ der Bedeutung dieser Entwicklung nicht gerecht. Auch „Smart Factory“, wo an jeder Maschine Daten über Bildschirme flimmern, trifft es nicht mehr so ganz. Nennen wir sie also KI-Fabriken.

Midea, das sich selbst den „größten Hersteller von Haushaltsgeräten der Erde“ nennt, hat nicht nur eine eigene KI-Fabrik gebaut, sondern auch die historische Bedeutung dieser neuen Art von Produktion erkannt. Das Unternehmen hat sich in London von der „World Record Certification Agency“ (WRCA) als „weltweit erste Fabrik mit KI-Agenten und Multi-Szenario-Abdeckung“ zertifizieren lassen.

Wie ein chinesisches Technologieportal (36kr, auf Chinesisch) berichtet, nahmen Mitarbeiter von Midea auf einer Bühne in London stolz eine entsprechende Urkunde in Empfang. Damit ist es gewissermassen amtlich: Die erste echte KI-Fabrik gehört Midea, steht in Jingzhou am Mittellauf des Jangtsekiang und baut Waschmaschinen.

Über dieser Meldung mag ein feiner Geruch von PR in der Luft schweben wie der von Omo oder Persil im Wäscheraum, doch es handelt sich keinesfalls nur um geschicktes Marketing und auch nicht um eine Version von "AI-Hype".

Vielmehr ist in der Waschmaschinenfabrik von Midea ein umfassender Versuch gemacht worden, 38 verschiedene Produktionsabläufe von insgesamt 14 KI-Agenten steuern zu lassen. Das bedeutet, dass die Produktion nicht mehr nur automatisiert ist, wie in einer „herkömmlichen Smart Factory“, sondern zusätzlich und in Echtzeit flächendeckend überwacht und autonom verbessert werden kann.

Zu den 38 verschiedenen Prozessen, die von KI-Agenten gesteuert werden, zählen die Logistik mit der Anlieferung der Materialien mit Hilfe von AGVs, die Kategorisierung des jeweiligen, auf der flexiblen Fertigungslinie ankommenden Geräts (Waschmaschine? Wäschetrockner? Welches Modell?) mit Hilfe von Kameras und Sensoren, die Aktivierung und Überwachung der vorgesehen Schraubprozesse mit übermenschlicher Präzision, bis hin zur Qualitätskontrolle mit Hilfe der an einen zentralen Rechner übermittelten Daten.

Humanoide Roboter, ebenfalls vom zentralen Computer und dessen Algorithmen gesteuert, kooperieren mit den KI-Agenten für DMS, TPM, EHS und Qualitätssicherung.

Die KI koordiniert dabei nicht nur, sondern verbessert mit der Zeit von sich aus sämtliche Prozesse. Mit anderen Worten: Die KI-Fabrik lernt selbst dazu.

Jede Branche verdient es, mit KI neu aufgebaut zu werden

Xiaomi-Gründer Lei Jun

Lei Jun, der Gründer und CEO von Xiaomi, hat es am Beispiel seiner Handy-Fabrik in Changping so ausgedrückt: „Diese Plattform hat unsere Kollegen beim ersten Anblick regelrecht umgehauen“, sagte Lei. Und: „Am beeindruckendsten ist, dass diese Plattform Probleme erkennen und lösen kann und gleichzeitig dazu beiträgt, den Produktionsprozess zu verbessern.“

Die Effizienzsteigerungen dank der Integration von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung sollen ebenfalls beeindruckend sein. Midea gibt an, dass die 14 KI-Agenten in seiner Waschmaschinenfabrik in Jingzhou Aufgaben in Minuten erledigen lassen können, die früher Stunden dauerten.

Durch den kontinuierlichen Feedback-Loop aus maschineller Wahrnehmung, Entscheidungsfindung und Optimierung sei „die Effizienz im Durchschnitt um mehr als 80 Prozent“ gestiegen, sagten die Midea-Mitarbeiter aus Jingzhou bei der Beurkundung ihrer ersten KI-Waschmaschinenfabrik in London. Die Reaktionszeiten in der Produktionsplanung hätten sich „um 90 Prozent“ verkürzt.

Selbst wenn einzelne dieser Angaben ein wenig übertrieben sein sollten - was in China nicht völlig überraschend wäre, wo offensives Eigenmarketing eindeutig zum Geschäft gehört - so klingt der Trend dennoch insgesamt glaubwürdig. Roboter sind schnell und brauchen keine Mittagspausen und die KI rechnet schneller als der erfahrenste Produktionsleiter an einem Bildschirm im Kontrollraum.

Selbst wenn auch in KI-Fabriken der Teufel im Detail stecken sollte, wenn in den kommenden Monaten und Jahren immer wieder von Pannen und Rückschlägen zu lesen sein wird, so ist dennoch schon jetzt schwer vorstellbar, dass die KI künftig nicht immer mehr Fabrikhallen erobern wird. Dafür sorgt der Wettbewerb: Wer nicht in eine solche Modernisierung der eigenen Produktion investiert, der wird in wenigen Jahren preislich und von der Qualität nicht mehr konkurrieren können.

In den kommenden fünf Jahren, so denken viele CEOs und Betreiber von Pionierbetrieben dieser neuen Dimension in China, wird die KI nicht nur die Herstellung von modernen High-Tech-Gütern verändern, sondern auch sämtliche traditionelle Industriezweige.

„Jede Branche verdient es, mit KI neu aufgebaut zu werden“, sagte der Xiaomi-Gründer Lei Jun kürzlich in einem Interview mit einer Pekinger Tageszeitung (Beijing Ribao, auf Chinesisch). Die neue Technologie sei traditionellen Fertigungsmethoden einfach zu deutlich überlegen, egal welche Güter in Serie gefertigt werden.

Lei Jun nannte als Beispiel die großen Druckgussteile aus dem „Gigacasting“ für die E-Autos seines Unternehmens. Sie seien mit dem bloßen Auge nur schwer zu prüfen, doch mit Röntgenanlagen und KI-gestützten Bildverarbeitungs-Modellen könne die Inspektion innerhalb von zwei Sekunden abgeschlossen werden – „zehnmal effizienter und mehr als fünfmal präziser als mit einer manuellen Prüfung“.

Free weekly executive briefings on what matters.

Keep Reading

No posts found